Eine Großveranstaltung in der Turn- und Festhalle Markelsheim verknüpfte am Freitagabend zwei Ereignisse. Zum einen wurde das 125-jährige Bestehen der Weingärtnergenossenschaft offiziell gefeiert, zum zweiten wurde Karina Eckard als neue Weinkönigin inthronisiert.

Eine der ältesten Genossenschaften in Baden-Württemberg begeht 125-jähriges Bestehen: ein würdiger Anlass zu feiern. Doch wie? Rückblicke, Jahreszahlen, Erinnerung an Ereignisse? Das machen wir anders, hatten die Verantwortlichen der Weingärtnergenossenschaft Markelsheim entschieden. So wurden Geschichte und Gesichter in Fotografien auf zwei große Leinwände geworfen, Gedanken zum Wein und zur Genossenschaft wurden über drei Videosequenzen in den Saal vermittelt. Menschen aus Politik, Wirtschaft, Verbänden, Genossenschaft, Gastronomie und Weinbau kamen hier zu Wort. Und der Blick ging weniger zurück als vielmehr in die Zukunft. Deren Herausforderungen, so der Tenor, will man tatkräftig begegnen.

Neue Weinkönigin

Zum Festabend konnten WG-Vorstand Michael Schmitt und Weinbauvereins-Vorsitzender Jürgen Stilling viele Ehrengäste begrüßen und Ortsvorsteherin Claudia Kemmer, die herzlich zum Jubiläum gratulierte, dankte für die Arbeit der Weingärtner und des Weinbauvereins.  Diese stellten sich vielfältigen Problemen wie Klimawandel, Pflanzenschutz und Billigkonkurrenz und leisteten viel für den Erhalt der Kulturlandschaft. „Ohne die Genossenschaft gäbe es keinen Weinort“, stellte sie fest. Mit ihrem Dank an Sophia Lehr für ihren Einsatz als Markelsheimer Weinkönigin 2022/23 leitete sie über zur Inthronisation der neuen Hoheit. Sie sei sicher, dass Karina Eckard eine ebenso würdige Vertreterin des Markelsheimer Weines sein wird.

„Unsere Turn- und Festhalle ist zwar nicht ganz Westminster Abbey ­– aber fast“, so Weinbauvereins-Vorsitzender Jürgen Stilling im Hinblick auf die folgende Krönungszeremonie. Er dankte Sophia Lehr, die sich nach zwei der Pandemie geschuldeten Jahren Wartezeit 2022 erneut bereit erklärte, das Repräsentationsamt zu übernehmen, welches sie dann im vergangenen Jahr für die Weingärtner, den Weinort und die Region mit viel Charme ausgeübt habe. Als Winzertochter mit einer Ausbildung in der Genossenschaft vor ihrem Studium habe sie eine perfekte Grundlage für ihre Amtszeit gehabt und mit Fachwissen und Ausstrahlung die Menschen begeistert. Er sei sicher, dass sie aus dem vergangenen Jahr viele schöne Momente und Erinnerungen mitnehmen konnte.

Dies bestätigte Sophia Lehr in ihrem persönlichen Rückblick. Stolz sei sie und eine Ehre sei es gewesen, ein Teil der jahrelangen Weinhoheiten-Tradition in Markelsheim zu sein. Aus dem Hintergrund als Helferin bei früheren Weinfesten sei sie so bei „ihrem“ Weinfest 2022 in den Vordergrund gerückt. Erstmals als open air Veranstaltung durchgeführt, bleibe dieses als toller Erfolg in Erinnerung. Für sie bedeutete es den ersten großen Auftritt mit Krone, dem viele folgten – von der Mitgliedsgemeinde Laudenbach über Bad Mergentheim und quer durchs Taubertal bis hin zur CMT in Stuttgart. Dankbar sei sie denn auch für viele weinreiche und witzige Momente mit Königinnen und Prinzessinnen der umliegenden Weinorte, die nun auch am Krönungsabend zu Gast waren. Nicht zuletzt habe sie an Selbstbewusstsein gewonnen, Erfahrungsschatz und Wissen erweitert und durch ihr Studium inzwischen deutschlandweit viel über den Weinbau gelernt. Sie wisse, dass Weingärtner für ihre Arbeit kämpfen und Herausforderungen bewältigen, weil sie an einem Strang ziehen. Sie dankte dem Weinbauverein und der Weingärtnergenossenschaft für das in sie gesetzte Vertrauen ebenso wie Katja's Hair & Beauty Lounge als große Förderin der Weinköniginnen sowie Familie und Freunden für ihre Unterstützung. Karina werde, so sei sie sich sicher, ihre Aufgabe hervorragend meistern. Sie wünschte ihr Spaß und Freude und viele schöne Momente. Einen Gruß als Videobotschaft hatte sie zudem von der Deutschen Weinprinzessin Juliane Schäfer mitgebracht.

Oft werde ihm im Gespräch mit Vorsitzenden anderer Weinbauvereine über die Schwierigkeit berichtet, junge Frauen für das Amt einer Weinkönigin zu begeistern, so Jürgen Stilling. Deshalb sei er froh, dass es gelungen sei für den Weinbau und den Weinort Markelsheim wieder eine Repräsentantin zu finden. Karina Eckard sei nicht nur Vermessungstechnikerin und angehende Bauingenieurin, sondern auch Tochter einer Winzerfamilie. Diese betreibe seit Generationen Weinbau und so sei Karina die Liebe zur Natur und zur Arbeit im Weinberg bereits in die Wiege gelegt worden. Ein besonderes Detail im Jubiläumsjahr der WG sei, dass die Vorfahren der neuen Weinkönigin Gründungsmitglieder der Genossenschaft waren. „Besonders stolz wird deine Oma Irmgard sein, dich mit der Krone der Markelsheimer Weinkönigin zu sehen. Wir sind sicher, dass du deine Aufgabe mit viel Charme und Freude ausüben wirst.“

Nachdem der Tradition folgend Sophia Lehr ihrer Nachfolgerin die Krone aufgesetzt hatte, dankte Karina Eckard dem Weinbauverein für sein Vertrauen und ganz besonders ihrer Familie für die Unterstützung für dieses Amt. Sie war Sophia für Ratschläge und Tipps dankbar und hofft auf viele spannende Momente und Begegnungen, wobei „mir am liebsten die Menschen sind, die mir reinen Wein einschenken“. Stolz begleitete der Saal die Krönungszeremonie mit dem Markelsheimer Heimatlied, welches auch Karina in Bezug auf den Wein als prägend für sich bezeichnete. Mit Grußworten dankten die Gasthoheiten Sophia für ihre gemeinsame Zeit und hießen Karina in ihrem Kreis willkommen. Als Königinnenwein stellte diese einen Schwarzriesling Weißherbst Kabinett des Jahrgangs 2022 vor, „lieblich, fruchtig und harmonisch – ein schöner Terrassenwein.“

 125 Jahre Weingärtnergenossenschaft

„Die Winzer stehen für mich im Mittelpunkt des Jubiläums“, betonte OB-Stellvertreter Andreas Lehr. „Ohne sie wäre dieser Abend nicht möglich.“ Dank zollte er auch den Mitarbeitern der Genossenschaft und dem Weinbauverein. Lehr hob die Bedeutung des Weinortes für die Kurstadt hervor und bescheinigte Stadt und Stadtteil eine gute Symbiose.

Oberbürgermeister Udo Glatthaar würdigte die Arbeit der Weingärtner in schwieriger Zeit, die jedoch in der großen, seit 125 Jahren bestehenden WG-Familie gemeinsam bewältigt werde. Dabei wies er auch auf das gemeinsam mit Weikersheim angestoßene, beispielhafte Modellprojekt eines Bewässerungsmanagements für Markelsheim und Elpersheim hin. Der Markelsheimer Wein ebenso wie seine Weinköniginnen seien für die Kurstadt besonders repräsentativ. Und die Stadt sei mittlerweile stolzes Mitglied der Genossenschaft mit dem neu angelegten ehemaligen Deutschordensweinberg.

Nicht zurückblicken, sondern nach vorn schauen wollte Vorstandsvorsitzender Michael Schmitt. Ein Foto, das er vor kurzem bei der Arbeit im Weinberg gemacht hatte, in dem schwarze Wolken über den Rebzeilen aufziehen, versinnbildliche die Herausforderungen, denen sich die Winzer zu stellen hätten. Die Wolke könne vorbeiziehen, sich als warmer Regen, aber auch als Hagelsturm entladen. „Egal was passiert, die Zukunft können und wollen wir selbst gestalten – mit Ihnen zusammen“, rief er den Anwesenden zu. Nachhaltigkeit sei eines der großen Themen und so gebe beispielsweise der erste Probewein des Abends, ein 2022er Sauvitage, die Richtung vor. Die neue, pilzwiderständige Rebsorte benötige weniger Pflanzenschutz und soll von derzeit fast zehn Hektar Fläche noch weiter ausgebaut werden. „Damit helfen wir auch der Umwelt“. Ein weiterer Mosaikstein sei die neue 0,75-Liter-Mehrwegflasche. Die neue Weinsorte muss noch bekannt gemacht werden, Verbraucher müssten die Mehrwegflasche annehmen – „die Zukunft wird nicht leicht, aber wir haben es selbst in der Hand“, so Schmitt, der an Verbraucher, Politik und Wirtschaft appellierte: „Helfen Sie uns dabei!“ Der Wein an sich habe in der ganzen Region große wirtschaftliche Bedeutung und sorge darüber hinaus für Wertschöpfung in vielen Bereichen. „Aber wir brauchen die Leute, die die Arbeit im Weinberg machen“, so Schmitt, der zuversichtlich anfügte: „Weingärtner sind zäh und resilient, die machen das. Wir nehmen die Herausforderung an!“

Landrat Christoph Schauder bewunderte „die tolle Arbeit, die Weingärtner leisten“. Der Landkreis unterstütze sie wo es geht – etwa bei der aktuellen Machbarkeitsstudie zum Bewässerungsmanagement oder auch bei der Vermarktung über die Taubertal-Vinothek im Kloster Bronnbach. Dankesworte richtete er an die Weinhoheiten, die ihre Freizeit opferten, um den Wein und die Landschaft zu repräsentieren. „Ich beglückwünsche die Genossenschaft zum 125-jährigen Jubiläum“, so Schauder, der versprach: „Meine Tür steht Ihnen immer offen.“

Die Vorsitzende der Bürgerinitiative pro Region Heilbronn-Franken, Staatssekretärin a.D. Friedlinde Gurr-Hirsch, betonte ihre Verbundenheit zum Taubertal und zu Markelsheim – für sie eine „spannende und interessante Grenzregion.“ Die Menschen hier seien offen und leistungsbereit und entfalteten besondere Kräfte, „die wir für die Zukunft brauchen.“ Die Landesgartenschau 2034 in Bad Mergentheim werde zeigen, was in einer Region für Nachhaltigkeit möglich ist. „Klimaneutral in die Zukunft, das wollen wir gemeinsam angehen.“

Auch Hermann Hohl, Präsident des Weinbauverbands Württemberg, mag den Menschenschlag des Taubertals, welches künftig auf Weinetiketten präsent sein sollte. Wolle man als Württemberger einen guten Silvaner trinken, komme man an Markelsheim nicht vorbei. Viel Arbeit und Engagement habe die Genossenschaft bis heute erhalten und angesichts aktueller Probleme sagte er voraus: „Es kommt wieder eine Zeit, in der der Wein wirklich wertgeschätzt wird“. Den jungen Menschen im Weinort empfahl er deshalb: „Tretet in die Fußstapfen eurer Vorväter!“

Fünf Weinproben wurden während des Festabends kredenzt, vom neuen Sauvitage bis zum abschließenden Jubiläumswein, einer im Barrique gereiften 2018er Schwarzriesling Auslese trocken. Bestens bewirtet wurden die Gäste von der Markelsheimer Volks- und Winzertanzgruppe. Musikalische Unterhaltung bot das Duo Tim & Jo.